von Leah Schwertmann
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19. Juli 2025
Ein Nachmittag voller Fachwissen, Naturschutz und praktischer Einblicke in die Aufzucht von Rebhühnern Am Freitag, den 4. Juli 2025, unternahm der Hegering Nortrup-Kettenkamp einen besonderen Ausflug: Ziel war die Feldhuhnstation in Merzen, die seit ihrer Gründung im Jahr 2022 als wichtige Einrichtung für den Schutz und die Wiederansiedlung von Rebhühnern in Niedersachsen gilt. Stationsleiter Frank Roeles, der bereits seit sechs Jahren hier tätig ist und von zwei engagierten Mitarbeitern unterstützt wird, nahm sich den gesamten Nachmittag Zeit, um den Gästen die Arbeit der Station näherzubringen. Einstieg in die Welt der Blühflächen Der Rundgang begann auf einer der nahegelegenen Blühflächen. Hier erklärte Roeles anschaulich, wie wichtig diese Flächen für die Artenvielfalt sind. Werden sie länger als zwei Jahre nicht umgebrochen, können sich Insektenbestände erholen – eine entscheidende Voraussetzung für den Nachwuchs von Bodenbrütern wie Rebhuhn und Fasan. Roeles betonte: „Vielfalt bringt Vielfalt – Ordnung zerstört sie.“ Intensive Landwirtschaft, fehlende Strukturen in der Landschaft und monotone Fruchtfolgen haben die Lebensräume vieler Feldvogelarten in den letzten Jahrzehnten drastisch reduziert. Ein wichtiger Punkt ist die Breite von Ackerrandstreifen. Unter fünf Meter Breite steigt die Gefahr für Bodenbrüter erheblich: Etwa 75 % der Tiere fallen hier Raubwild zum Opfer. Sind Randstreifen dagegen 25 Meter oder breiter, überlebt dagegen etwa drei Viertel der Tiere – der Unterschied ist also überlebenswichtig. Prädatoren und ihr Einfluss auf den Bestand Zu den Hauptfeinden der Rebhühner zählt der Rotfuchs. Er ist, neben anderen Beutegreifern, für einen Großteil der Verluste bei Gelegen verantwortlich. Laut Roeles machen 80 % der Prädatoren beim Gelege das Haarwild aus. Eine effektive Fuchsbejagung ist daher ein zentrales Element des Prädatorenmanagements. Auch Marder, Waschbären oder streunende Katzen können erhebliche Schäden anrichten. Hygiene – ein Schlüssel zur erfolgreichen Aufzucht Bevor die Besucher die Station betreten durften, mussten sie ihre Schuhe desinfizieren. Hygiene spielt eine entscheidende Rolle, denn Küken sind sehr anfällig für Krankheiten wie beispielsweise Streptokokken. Auch die Brutmaschinen werden nach jedem Schlupf gründlich gereinigt. In den Brutapparaten herrscht eine Temperatur von etwa 37,5 °C. Leichte Schwankungen sind gewollt, da sie die Bedingungen in der Natur nachahmen. Eier können in freier Wildbahn für 12–24 Stunden abkühlen, ohne Schaden zu nehmen – vorausgesetzt, die Henne setzt die Brut fort. Mit Hilfe eines „digitalen Eis“ kann Roeles Temperaturverläufe genau aufzeichnen. Dabei zeigte sich, dass auch in der Natur deutliche Temperaturschwankungen vorkommen. Interessanterweise ist das Geschlechterverhältnis bei den geschlüpften Küken meist ausgeglichen: etwa 50 % Männchen, 50 % Weibchen. Von der Ammenhenne ins Leben Die Station setzt bei der Kükenaufzucht auf Ammenhennen, in der Regel Zwerghühner oder Wachteln. Diese übernehmen nicht nur die Wärmeversorgung, sondern bringen den Jungvögeln bei, auch unbewegte Futterquellen anzunehmen – eine wichtige Fähigkeit für das spätere Überleben. In den ersten Lebenswochen sind die Küken auf tierische Nahrung angewiesen: Ameisen, Spinnentiere, Käferlarven, Blattläuse oder Raupen stehen auf dem Speiseplan. Mit zunehmendem Alter stellen die Tiere auf überwiegend pflanzliche Nahrung um – dazu gehören Gräser, Wildkräuter, Beeren und Getreidekörner. Insekten spielen dann nur noch eine Nebenrolle. Rebhühner decken ihren Flüssigkeitsbedarf hauptsächlich über ihre Nahrung und den Morgentau. Auswilderung nur in geeigneten Revieren Bevor die Tiere in die Freiheit entlassen werden, überprüft Roeles potenzielle Auswilderungsgebiete in Niedersachsen. Geeignete Lebensräume sind offene Agrarlandschaften mit einer Mischung aus Feldern, Äckern und Heiden, ergänzt durch strukturreiche Waldränder, Hecken und Feldraine. Fehlende Insekten, Mangel an geschützten Brutplätzen sowie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zählen zu den Hauptursachen des Bestandsrückgangs. Auch die europäische Witterung kann negative Effekte haben – etwa durch verregnete Sommer, in denen die Küken zu wenig Insekten finden. Geselliger Abschluss Nach einer Fülle an Eindrücken und Informationen klang der Nachmittag in geselliger Runde aus. Bei kühlen Getränken und frisch gegrillten Würstchen nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit, weitere Fragen zu stellen und sich auszutauschen. Hegeringsleiter Rainer Kristen bedankte sich im Namen aller Teilnehmenden herzlich bei Frank Roeles für die spannende Führung und die Einblicke in die wertvolle Arbeit der Feldhuhnstation.